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Darum beharren Menschen auf ihrem Fleischkonsum

Oft fra­ge ich mich, was Men­schen so sehr an das Fleisch­essen bin­det. Des­halb habe ich nach­ge­forscht, um die­se Fra­ge zu beant­wor­ten. Das sind mei­ne Ergeb­nis­se.


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Kulturelle und soziale Normen

Fleisch­kon­sum ist in vie­len Kul­tu­ren tief ver­wur­zelt und wird oft mit Tra­di­ti­on, Fei­er­lich­kei­ten und fami­liä­ren Gewohn­hei­ten asso­zi­iert. Vie­le Men­schen wach­sen in Umge­bun­gen auf, in denen Fleisch ein zen­tra­les Ele­ment der Ernäh­rung ist, und es gibt sozia­le Erwar­tun­gen, die den Fleisch­kon­sum fördern​[1].

Geschmack und Genuss

Vie­le Men­schen genie­ßen den Geschmack und die Tex­tur von Fleisch. Fleisch­ge­rich­te sind oft kuli­na­risch viel­fäl­tig und bie­ten sen­so­ri­sche Befrie­di­gung, die schein­bar nicht durch pflanz­li­che Alter­na­ti­ven voll­stän­dig zu repli­zie­ren ist​.[2]

Wahrnehmung von Gesundheit und Ernährung

Es gibt weit ver­brei­te­te Über­zeu­gun­gen, dass Fleisch eine not­wen­di­ge Quel­le für wich­ti­ge Nähr­stof­fe wie Pro­te­in, Eisen und Vit­amin B12 ist. Die­se Über­zeu­gun­gen wer­den durch jahr­zehn­te­lan­ge Ernäh­rungs­richt­li­ni­en und Wer­bung unter­stützt, die Fleisch als essen­zi­el­len Bestand­teil einer gesun­den Ernäh­rung dar­stel­len.[3]

Soziale Identität und Gruppenzugehörigkeit

Fleisch­kon­sum kann ein wich­ti­ger Teil der sozia­len Iden­ti­tät sein. Men­schen essen oft Fleisch, um sich einer Grup­pe zuge­hö­rig zu füh­len oder um sozia­le Akzep­tanz zu erlan­gen. In vie­len Kul­tu­ren und sozia­len Krei­sen wird Fleisch­essen als Norm ange­se­hen, und Abwei­chun­gen davon kön­nen zu sozia­ler Iso­la­ti­on oder Kri­tik füh­ren.[4]

Psychologische Faktoren

Den meis­ten Men­schen ist klar, dass ihr Fleisch­kon­sum nega­ti­ve Kon­se­quen­zen hat – spä­tes­tens dann wenn sie mer­ken, dass das Schnit­zel was sie essen frü­her zu einem ech­ten Lebe­we­sen gehör­te. Die­se Erkennt­nis tritt in der Regel im Kin­des­al­ter auf. Des­halb nut­zen vie­le Men­schen diver­se psy­cho­lo­gi­sche Mecha­nis­men, um ihr Ess­ver­hal­ten zu recht­fer­ti­gen.

Selbstrechtfertigung

Um das eige­ne Ver­hal­ten zu recht­fer­ti­gen, grei­fen Men­schen auf ver­schie­de­ne Ratio­na­li­sie­run­gen zurück. Dazu gehört die Über­zeu­gung, dass der mensch­li­che Kör­per Fleisch benö­tigt, dass Fleisch­essen eine indi­vi­du­el­le Wahl ist oder dass der per­sön­li­che Fleisch­kon­sum kei­nen gro­ßen Ein­fluss auf das glo­ba­le Pro­blem hat​.[5]

Meat Paradox

Der Begriff “Meat Para­dox” beschreibt das Phä­no­men, dass Men­schen, die Fleisch essen, sich oft auch um Tier­schutz küm­mern, aber kogni­ti­ve Dis­so­nanz erfah­ren, wenn sie über das Leid der Tie­re nach­den­ken. Um die­sen Wider­spruch zu ver­mei­den, ratio­na­li­sie­ren vie­le Men­schen ihren Fleisch­kon­sum oder ver­drän­gen die ethi­schen Implikationen​​[6].

Moral Disengagement

Men­schen nut­zen ver­schie­de­ne Mecha­nis­men, um sich mora­lisch von den Kon­se­quen­zen ihrer Hand­lun­gen zu distan­zie­ren. Dazu gehört die Ent­mensch­li­chung der Tie­re, die als Nah­rung die­nen, oder die Ver­leug­nung ihres Lei­dens. Dies ermög­licht es den Men­schen, Fleisch zu essen, ohne sich schul­dig zu fühlen​.[7]

Heuristiken

Men­schen nei­gen dazu, kogni­ti­ve Abkür­zun­gen oder Heu­ris­ti­ken zu ver­wen­den, um Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Zum Bei­spiel kann der „Natür­lich­keits-Heu­ris­tik“ zufol­ge Fleisch als natür­li­ches und somit bes­se­res Nah­rungs­mit­tel ange­se­hen wer­den. Die­se Ver­zer­run­gen beein­flus­sen die Wahr­neh­mung und Ent­schei­dung, Fleisch zu kon­su­mie­ren.[8]

Geschlechtsrollen

Fleisch­kon­sum ist oft mit Männ­lich­keit asso­zi­iert. Stu­di­en haben gezeigt, dass Män­ner ten­den­zi­ell mehr Fleisch essen und dass Fleisch­essen als Sym­bol für Stär­ke und Männ­lich­keit gese­hen wird. Die­se sozia­len Nor­men kön­nen den Fleisch­kon­sum aufrechterhalten​.[9]

Bequemlichkeit und Verfügbarkeit

Fleisch ist in vie­len Tei­len der Welt leicht ver­füg­bar und oft güns­ti­ger als pflanz­li­che Alter­na­ti­ven, beson­ders in Gebie­ten, wo die Infra­struk­tur für pflanz­li­che Ernäh­rung noch nicht gut ent­wi­ckelt ist. Die Bequem­lich­keit, Fleisch­ge­rich­te zuzu­be­rei­ten, die oft als Haupt­be­stand­teil vie­ler tra­di­tio­nel­ler Rezep­te die­nen, spielt eben­falls eine Rol­le.[10]

Werbung und Medien

Die Fleisch­in­dus­trie inves­tiert stark in Mar­ke­ting und Wer­bung, um den Fleisch­kon­sum zu för­dern. Die­se Bot­schaf­ten beto­nen häu­fig den Genuss, die Tra­di­ti­on und die ver­meint­li­chen gesund­heit­li­chen Vor­tei­le des Fleisch­kon­sums, was die Wahr­neh­mung und das Ver­hal­ten von vie­len Men­schen beeinflusst​.[11]

Fleischessen hängt nicht nur am Genuss

Fleisch­kon­sum wird nicht nur bio­lo­gi­sche oder ernäh­rungs­phy­sio­lo­gi­sche Bedürf­nis­se bestimmt, son­dern basiert auch auf tief ver­wur­zel­ten psy­cho­lo­gi­schen und sozia­len Fak­to­ren. Die müs­sen berück­sich­tigt wer­den, wenn wir mit Men­schen über ihren Fleisch­kon­sum reden. Ein bes­se­res Ver­ständ­nis der psy­cho­lo­gi­schen Mecha­nis­men hilft, die Hin­der­nis­se zu erken­nen und zu über­win­den, die Men­schen davon abhal­ten, ihre Ess­ge­wohn­hei­ten zu ändern.


Quellen

[1] Vgl. The Vegan Socie­ty: Rese­arch brie­fing: Cir­cles of Com­pas­si­on, 05.06.2018, https://​www​.vegan​so​cie​ty​.com/​a​b​o​u​t​-​u​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​n​e​w​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​b​r​i​e​f​i​n​g​-​c​i​r​c​l​e​s​-​c​o​m​p​a​s​s​ion, Abruf am 29.06.24

[2] Vgl. Sprin­ger Link: The Asso­cia­ti­on Bet­ween Sel­fi­sh­ness, Ani­mal-Ori­en­ted Empa­thy, Three Meat Reduc­tion Moti­va­tions (Ani­mal, Health, and Envi­ron­ment), Gen­der, and Meat Con­sump­ti­on, von Ange­la Dil­lon-Mur­ray, Aletha Ward, Jef­frey Soar, 13.11.2023, https://link.springer.com/article/10.1007/s41055-023–00135‑5, Abruf am 29.06.24

[3] Vgl.ebd.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. Fau­na­ly­tics: Dif­fe­ring Empa­thy in Vege­ta­ri­ans, Vegans, and Omni­vo­res, von Celi­ne Icard-Stoll, 07.02.2019, https://​fau​na​ly​tics​.org/​d​i​f​f​e​r​i​n​g​-​e​m​p​a​t​h​y​-​i​n​-​v​e​g​e​t​a​r​i​a​n​s​-​v​e​g​a​n​s​-​a​n​d​-​o​m​n​i​v​o​r​es/, Abruf am 29.06.24

[6] Vgl. Psy­cho­lo­gy Today: Brain Scans Show Vege­ta­ri­ans More Empa­thic than Omni­vo­res, von Marc Bekoff Ph.D., 12.07.2012, https://​www​.psy​cho​lo​gy​to​day​.com/​u​s​/​b​l​o​g​/​a​n​i​m​a​l​-​e​m​o​t​i​o​n​s​/​2​0​1​2​0​7​/​b​r​a​i​n​-​s​c​a​n​s​-​s​h​o​w​-​v​e​g​e​t​a​r​i​a​n​s​-​m​o​r​e​-​e​m​p​a​t​h​i​c​-​o​m​n​i​v​o​res, Abruf am 28.06.24

[7] Vgl. The Vegan Socie­ty: Rese­arch brie­fing: Cir­cles of Com­pas­si­on, 05.06.2018, https://​www​.vegan​so​cie​ty​.com/​a​b​o​u​t​-​u​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​n​e​w​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​b​r​i​e​f​i​n​g​-​c​i​r​c​l​e​s​-​c​o​m​p​a​s​s​ion, Abruf am 29.06.24

[8] Vgl. Sprin­ger Link: The Asso­cia­ti­on Bet­ween Sel­fi­sh­ness, Ani­mal-Ori­en­ted Empa­thy, Three Meat Reduc­tion Moti­va­tions (Ani­mal, Health, and Envi­ron­ment), Gen­der, and Meat Con­sump­ti­on, von Ange­la Dil­lon-Mur­ray, Aletha Ward, Jef­frey Soar, 13.11.2023, https://link.springer.com/article/10.1007/s41055-023–00135‑5, Abruf am 29.06.24

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. The Vegan Socie­ty: Rese­arch brie­fing: Cir­cles of Com­pas­si­on, 05.06.2018, https://​www​.vegan​so​cie​ty​.com/​a​b​o​u​t​-​u​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​n​e​w​s​/​r​e​s​e​a​r​c​h​-​b​r​i​e​f​i​n​g​-​c​i​r​c​l​e​s​-​c​o​m​p​a​s​s​ion, Abruf am 29.06.24

[11] Vgl. Sprin­ger Link: The Asso­cia­ti­on Bet­ween Sel­fi­sh­ness, Ani­mal-Ori­en­ted Empa­thy, Three Meat Reduc­tion Moti­va­tions (Ani­mal, Health, and Envi­ron­ment), Gen­der, and Meat Con­sump­ti­on, von Ange­la Dil­lon-Mur­ray, Aletha Ward, Jef­frey Soar, 13.11.2023, https://link.springer.com/article/10.1007/s41055-023–00135‑5, Abruf am 29.06.24

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