Bei Wolle denken wir an Schafherden, die idyllischen über unsere Wiesen ziehen. Doch unsere Wolle kommt aus ganz anderen Verhältnissen. Das lässt selbst Leute, die nicht vegan leben, daran zweifeln, ob sie weiterhin Wollsachen tragen wollen.
Inhalt
- Schafe müssen doch geschoren werden – oder?
- Scheren sorgt für psychische und physische Schmerzen
- Verstümmelung als Routine
- Und jetzt rufen die Leute: „Aber bei uns hinten auf der Weide, da sind auch immer Schafe und der Schäfer ist ein ganz Netter.“
- Wenn die Schafe nicht mehr genug Wolle geben
- Wenigstens ist Wolle natürlich und nicht so etwas Chemisches — Falsch!
- Umweltaspekt
- Wollsachen nun wegschmeißen?
- Quellen
Schafe müssen doch geschoren werden – oder?
Viele Menschen glauben, dass Schafen sowieso Wolle wächst und die runter muss. Es wäre damit unverantwortlich, sie nicht zu scheren. Ganz so stimmt das nicht. Die Schafe, die wir heute sehen, sind Züchtungen. Eigentlich sind Schafe nämlich braun und ihnen wächst nur so viel Wolle, wie sie vor der Kälte schützt. Doch wir Menschen züchteten den Tieren die braune Oberwolle weg und die helle Unterwolle auf Masse. Jetzt müssen diese Schafe natürlich geschoren werden, weil durch Überzüchtung ihre Unterwolle derart massiv wächst, dass das Tier sie kaum tragen kann.[1]
„Gut“, mag jetzt einer denken, „wenn die Schafe eh überzüchtet sind, dann ist das Scheren ja völlig in Ordnung.“ Allerdings lügen hier die Fernsehbilder oder Filme, aus denen wir Stadtmenschen das Scheren kennen. Sicher, es scheint den Schafen nicht zu gefallen, aber danach rennen die Schafe munter herum, weil sie endlich geschoren sind. So wirkt es jedenfalls, aber das ist leider nicht wahr.
Scheren sorgt für psychische und physische Schmerzen
Natürlich sind die Schafe froh, wenn das Scheren vorbei ist. Allerdings nicht, weil ihre Wolle weg ist, sondern weil sie, wie alle Herdentiere, Fluchttiere sind. Sie haben also wahnsinnige Angst während des Scherens und flüchten, wenn es vorüber ist.
Und wer jetzt glaubt, das Scheren geht so liebevoll wie im TV oder Film vonstatten, der irrt. Bei mehreren Tausend Tieren, die die Scherer in möglichst kurzer Zeit scheren müssen, bleibt keine Zeit für Rücksichtnahme. Die Tiere sind danach oft verletzt und haben blutige Wunden. Die Schermaschinen verstümmeln die Schafe sogar.
Verstümmelung als Routine
Den Lämmern wird kurz nach der Geburt der Schwanz abgeschnitten, damit kein Kot daran hängen bleiben kann. Die EU empfiehlt zwar, dies mit Betäubungsmitteln zu machen, aber es besteht keine Pflicht. Und da es immer um die Kosten geht, verzichten die meisten Schafbetriebe auf die teure Betäubung und kupieren den Schwanz so. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Kastration der männlichen Schafe.[2]
In den wichtigsten Wollproduzenten-Ländern Australien oder Neuseeland gibt es nicht mal diese Richtlinien wie bei uns in der EU. Da werden noch ganz andere Sachen mit den Schafen ohne Betäubung angestellt – Stichwort: Mulesing
Und jetzt rufen die Leute: „Aber bei uns hinten auf der Weide, da sind auch immer Schafe und der Schäfer ist ein ganz Netter.“
Tatsächlich spielt in der Textilindustrie Wolle aus Deutschland keine Rolle. Die Wanderschäfer, die wir ab und zu mal sehen, leben eher davon, dass ihre Tiere bestimmte Flächen freihalten – Stichwort: Landschaftspflege.[3]
Die begehrte Merino-Wolle kommt aus Australien und Neuseeland. Hier gibt es Herden mit bis zu 10.000 Tieren. Das dort die Realität der Schafzucht ganz anders ist als in unserem idealisierten Verständnis, das ergibt sich von selbst.
Wer also Wolle kauft, der unterstützt nicht den oder die Schäferin von nebenan, sondern die riesigen Schaffarmen in Australien und Neuseeland. Was hier an Verstümmelungen passiert, damit die Merinoschafe … ich will es gar nicht ausführen. Ihr könnt es hier nachlesen: https://www.petazwei.de/artikel/ist-wolle-vegan/
Wenn die Schafe nicht mehr genug Wolle geben
Nach circa sieben Jahre geben die Schafe nicht mehr genug Wolle und sie werden in Containerschiffe gesteckt. Als Lebendfracht geht es dann in den Nahen Osten oder nach Nordafrika. In den engen Transportcontainern sterben schon diverse Tiere bei der Überfahrt, der Rest wird dann in den Empfängerländern geschlachtet. So leben die Schafe maximal 7 Jahre. In der freien Natur würde ein Schaf im Schnitt bis zu 12 Jahre alt werden.[4]
Wenigstens ist Wolle natürlich und nicht so etwas Chemisches — Falsch!
Nun gilt Wolle als eine natürliche Sache. Doch Zucht und Überzüchtung der Schafe plus Haltungsbedingungen und das grausame Scheren oder Mulesing sind definitiv nicht als natürlich anzusehen. Im Endeffekt ist Schafwolle ein Industrieprodukt, was durch die pure Ausbeutung von Tieren gewonnen wird.
Umweltaspekt
Um eine Tonne Rohfaser Wolle zu erzeugen, braucht es 67 Hektar Land. Für eine Tonne Baumwolle sind es nur 1,3 Hektar und bei Chemiefasern aus Zellulose, wie etwa Viskose, nur 0,8 Hektar. Wolle ist also alles andere als landfreundlich.
Wer sich ein wenig mit dem Treibhauseffekt auskennt, weiß, dass Methangas 25 Mal mehr klimaschädigend ist als Kohlendioxid.[5] Die riesigen Schafherden in Australien, Großbritannien usw. erzeugen jede Menge Methangas. Dazu kommen dann noch die ganzen chemischen Substanzen, die in der Wollverarbeitung genutzt werden. Von Natürlichkeit können wir da schon lange nicht mehr reden. Die Umweltbilanz unsere Wolle ist also verehrend – wie generell die Massentierhaltung ein wichtiger Faktor bei der Klimaerwärmung ist.[6]
Wollsachen nun wegschmeißen?
Wenn Ihr jetzt anfangt, eure Wollsachen wegzuschmeißen, dann ist das aus meiner Sicht verständlich. Allerdings ist bei diesen Sachen das Kind schon in den Brunnen gefallen. Ihr solltet sie weiter tragen, denn dann hatte das Leid der Tiere wenigstens einen Sinn. Doch bitte kauft keine neuen Sachen aus Schafwolle oder strickt damit. Nur wenn die Nachfrage nach dieser Wolle abnimmt, werden die Farmen aufhören, diese liebenswerten und klugen Tiere auf Teufel komm raus auszubeuten. Und es gibt ja zum Glück so tolle Alternativen zur Schafwolle.
Einen echt aufschlussreichen Artikel über Alternativen zur Schafwolle könnt ihr hier lesen: https://utopia.de/ratgeber/wolle-zum-stricken-alternativen-zu-schafswolle-und-co/
Quellen
[1] Vgl. CareElite: „Warum tragen Veganer keine Wolle? 10 Gründe, auf Schafwolle zu verzichten“ von Christoph Schulz, 13.10.20, https://www.careelite.de/veganer-keine-wolle-verzicht/, Abruf am 16.02.23
[2] Vgl. ebd.
[3] Vgl. Planet Wissen: „Schafhaltung“ von Catharina Clausen, 13.02.2020, https://www.planet-wissen.de/natur/haustiere/schafe/pwieschafhaltung100.html, Abruf am 16.02.23
[4] Vgl. Wikipedia: „Hausschaf“, https://de.wikipedia.org/wiki/Hausschaf, Abruf am 16.02.23
[5] Vgl. Umwelt Bundesamt: „Die Treibhausgase“, 14.11.22, https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase, Abruf am 16.02.23
[6] Vgl. Umwelt Bundesamt: „Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen“, 21.03.22, https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft, Abruf am 16.02.23