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Ist vegane Ernährung ungesund?

Ist vegan über­haupt gesund? Musst du da nicht vie­le Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel neh­men? Gibt es nicht Man­gel­er­schei­nun­gen?


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Auch wenn die Fra­gen manch­mal ner­ven (weil es immer die glei­chen sind), ver­ste­he ich war­um sie auf­tau­chen. Immer­hin frag­te ich mich das frü­her eben­falls. Zu Beginn mei­nes Vega­nis­mus habe ich des­halb viel recher­chiert und tra­ge die­se und ganz neue Erkennt­nis­se jetzt zusam­men. Ich ver­su­che dabei nur die wich­tigs­ten Punk­te anzu­ge­hen, denn mit allen Stu­di­en und The­sen zum The­ma vega­ne Ernäh­rung und Gesund­heit könn­te ich eine Biblio­thek fül­len. Ich will aber nur einen Blog­ar­ti­kel schrei­ben.

Ist vegan überhaupt gesund?

Leben Veganer gesünder oder ungesünder als Allesesser (Omnivoren)?

Lei­der kann nie­mand mit 100-pro­zen­ti­ger Sicher­heit sagen: Vegan ist gesün­der oder unge­sün­der als vege­ta­risch oder omni­vo­risch (Alles­es­ser). Der Grund liegt auf der Hand: Veganer*innen, die aus­schließ­lich vega­ne Süßig­kei­ten essen, ernäh­ren sich nie­mals gesund. Omni­vo­ren, die abwechs­lungs­rei­che Kost zu sich neh­men, wer­den sich dage­gen gesün­der ernäh­ren.

Ihr merkt schon, wor­auf ich hin­aus­will. Ernäh­rung ist etwas sehr Indi­vi­du­el­les und des­halb las­sen sich pau­scha­le Fra­gen, nie­mals mit abso­lu­ter Sicher­heit beant­wor­ten. Was sich aber beant­wor­ten lässt ist:

Sind Veganer in der Regel gesünder als Omnivoren?

Die­se Fra­ge kann ich mit einem „Ja“ beant­wor­ten. Wenn wir uns sta­tis­ti­sche Erhe­bun­gen anse­hen, dann leben Veganer*innen tat­säch­lich gesün­der als Allesesser*innen. Das heißt aller­dings noch nicht, dass das direkt am Vega­nis­mus liegt. Veganer*innen ach­ten wohl gene­rell mehr auf ihren Kör­per, so trin­ken sie in der Regel weni­ger Alko­hol. Die meis­ten rau­chen zudem nicht und leben gene­rell gesünder.1 Allein die­se Fak­to­ren füh­ren ja schon zu mehr Gesund­heit. Doch was ist, wenn ein Omni­vo­re genau­so gesund lebt?

Da gibt es Stu­di­en, bei denen Alko­hol­kon­sum, Rau­chen und eine unge­sun­de Lebens­wei­se her­aus­ge­rech­net wur­den. Ja, sowas her­aus­zu­rech­nen geht tat­säch­lich. Die­se Stu­di­en zei­gen fol­gen­des Bild:

  1. Das Risi­ko für Veganer*innen an Dia­be­tis Typ 2 zu erkran­ken, ist 50 % gerin­ger als bei Omnivor*innen.
  2. Blut­hoch­druck kommt 20 bis 50 % sel­te­ner bei Veganer*innen vor.
  3. Das Herz­in­farkt­ri­si­ko liegt bei Omnivor*innen um 25 % höher als bei Veganer*innen.
  4. Das Risi­ko an Krebs zu erkran­ken, ist bei Veganer*innen um 15 bis 20 Pro­zent gerin­ger als bei Allesesser*innen.
  5. Bei Veganer*innen tre­ten weni­ger Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen auf.

Vega­ne Ernäh­rung hat also sta­tis­tisch nach­weiß­bar diver­se gesund­heit­li­che Vor­tei­le. Jedoch will ich beto­nen: Es kommt bei jeder Art der Ernäh­rung immer auf die Aus­ge­wo­gen­heit an. Wer aus­schließ­lich Brok­ko­li isst, wird defi­ni­tiv krank, auch wenn die Pflan­ze noch so gesund ist.

Und da ich hier von Aus­ge­wo­gen­heit spre­che, damit wäre ich schon bei der nächs­ten Fra­ge:

Musst du da nicht Nahrungsergänzungsmittel nehmen?

Tat­säch­lich birgt die vega­ne Ernäh­rung Risi­ken bei der Nähr­stoff­ver­sor­gung. Dabei sind die kri­tischs­ten Nähr­stof­fe:

  • Vit­amin B12
  • Vit­amin D
  • Eisen
  • Kal­zi­um

Auch wird oft ein Eiweiß­man­gel bei Veganer*innen ver­mu­tet. Schau­en wir also mal genau­er hin.

Vitamin B12

Vit­amin B12 hilft bei der Zell­tei­lung und ‑dif­fe­ren­zie­rung sowie der Syn­the­se und Modi­fi­ka­ti­on von DNA. Auch unter­stützt es ver­schie­de­ne Pro­zes­se im Stoff­wech­sel von Fet­ten und Ami­no­säu­ren. Kurz­um: Es ist super wich­tig.

Die natür­li­che Form des Vit­amin B12, was wir Men­schen ver­wer­ten kön­nen, kommt nur in tie­ri­scher Nah­rung vor. Es gibt in eini­gen Pil­zen und Algen ein Ana­lo­gen des B12, doch das kann unser Kör­per lei­der nicht nut­zen.

B12 wird in Darm von Wie­der­käu­ern gebil­det. Jedoch müs­sen sie dafür aus­rei­chend mit Kobalt ver­sorgt sein, was bei Mas­sen­tier­hal­tung nur sel­ten der Fall ist. Kanin­chen und Pfer­de kön­nen Vit­amin B12 übri­gens ohne aus­rei­chend Kobalt selbst her­stel­len. Bei Schwei­nen und Geflü­gel im Mas­sen­tier­hal­tung (auch bio­lo­gi­sche und art­ge­rech­te) wird B12 prak­tisch immer als Fut­ter­zu­satz gege­ben, da ihre Nah­rung sie sonst nur unzu­rei­chend mit dem Vit­amin ver­sor­gen wür­de.

Dar­aus lässt sich zusam­men­fas­sen: Bis auf Pfer­de und Kanin­chen, wer­den all unse­re Nutz­tie­re zusätz­lich mit Vit­amin B12 oder Kobalt ver­sorgt.

Allesesser*innen fül­len also ihren B12-Haus­halt durch Fleisch, Eier und Milch auf. Die­ses B‑12 wird in den meis­ten Fäl­len dem Fut­ter die­ser Tie­re künst­lich zuge­setzt. War­um die­ser Umweg? Ich kann mir doch gleich ein Fläsch­chen B12 kau­fen und jeden Mor­gen zwei Trop­fen zu mir neh­men.

Kurz: Ich muss kein Tier töten, um an Vit­amin B12 zu kom­men.

Anekdote zum B12-Mangel

Der Groß­va­ter einer Bekann­ten war Flei­scher und ein gro­ßer Fleisch­fan. Logisch bei der Berufs­wahl. Er kam mit 70 ins Kran­ken­haus wegen diver­ser Sym­pto­me, unter ande­rem Anämie (Blut­ar­mut). Letzt­end­lich kam her­aus, dass er unter mas­si­vem Vit­amin B12-Man­gel litt.

Und das ist tat­säch­lich häu­fig der Fall, dass Allesesser*innen unter Vit­amin- und Nähr­stoff­man­gel lei­den. Der Grund ist schnell gefun­den. Vegan leben­de Men­schen set­zen sich viel mehr mit ihrem Essen aus­ein­an­der. Sie wis­sen ja, um die Defi­zi­te. Des­halb ach­ten sie sehr dar­auf, sich mit den not­wen­di­gen Nähr­stof­fen zu ver­sor­gen.

Vitamin D

Ohne Vit­amin D kön­nen unse­re Kno­chen kein Kal­zi­um auf­neh­men. Es ist damit wich­tig für deren Sta­bi­li­tät. Zudem ist es an wei­te­ren Stoff­wech­sel­vor­gän­gen und der Pro­te­in­bil­dung betei­ligt.

Im Gegen­satz zum Vit­amin B12 gibt es Vit­amin D auch in pflanz­li­cher Nah­rung. Außer­dem neh­men wir Men­schen Vit­amin D nur zu 10 bis 20 % über die Nah­rung zu uns. Wich­ti­ger ist die Haut. Sie bil­det 80 bis 90 % des Vit­amins bei Son­nen­ein­strah­lung (UV‑B) selbst.

Unab­hän­gig von der Art der Ernäh­rung ist Deutsch­land eh ein Vit­amin-Man­gel­ge­biet. 56 % der Erwach­se­nen sind in Deutsch­land laut ihren Blut­wer­ten mit Vit­amin D unter­ver­sorgt. Das heißt, die Vit­amin D‑Versorgung ist in Deutsch­land allein auf­grund der gerin­gen Son­nen­ein­strah­lung schlecht. Veganer*innen ist das in aller Regel bewusst und sie neh­men Vit­amin D zusätz­lich auf oder ver­su­chen mög­lichst viel mit nack­ter Haut in die Son­ne zu gehen. Durch die UV‑B Strah­lung wird eh das meis­te Vit­amin D pro­du­ziert.

Eisen

Eisen ist für die Blut­bil­dung unab­ding­bar und damit für den lebens­not­wen­di­gen Sau­er­stoff­trans­port in unse­rem Kör­per.

Eisen kommt nicht nur im Fleisch vor. Tat­säch­lich beinhal­ten beson­ders Hül­sen­früch­te, grü­nes Gemü­se, Nüs­se, Ker­ne und Samen viel Eisen.15 Das eben Genann­te essen Vega­ner prak­tisch jeden Tag. Zwar kann das Eisen aus Pflan­zen weni­ger gut vom Kör­per auf­ge­nom­men wer­den, aller­dings ver­put­zen Veganer*innen so viel der genann­ten Din­ge, dass die Eisen­ver­sor­gung genau­so gut ist wie bei Fleischessern.16 Stu­di­en zei­gen zudem: Veganer*innen sind nicht schlech­ter mit Eisen ver­sorgt als Omnivor*innen.

Kalzium

Dank Kal­zi­um blei­ben unse­re Zäh­ne und Kno­chen sta­bil. Es ist zudem wich­tig für die Blut­ge­rin­nung und die Fes­tig­keit der Zell­wän­de. Auch für die Signal­über­mitt­lung in der Zel­le sowie der Reiz­wei­ter­lei­tung im Ner­ven­sys­tem ist Kal­zi­um uner­läss­lich.

Men­schen, die Fleisch und tie­ri­sche Pro­duk­te essen, neh­men Kal­zi­um meist über Milch und Milch­pro­duk­te auf. Aber auch Him­bee­ren, Brom­bee­ren, Johan­nis­bee­ren und Fei­gen habe viel Kal­zi­um. Dazu kommt die Zitro­nen­säu­re im Obst. Sie ver­bes­sert die Kal­zi­um­auf­nah­me. Veganer*innen kön­nen auch mit Nüs­sen, Samen und ange­rei­cher­ten Frucht­säf­ten oder Mine­ral­was­ser Kal­zi­um zuführen.19 Zudem beinhal­ten prak­tisch alle Milch­er­satz­pro­duk­te inzwi­schen Kal­zi­um, genau­so wie „nor­ma­le Milch“. Es ist also ein Mythos, wenn es heißt, nur die „Milch machts“.

Abbil­dung 1: Die­se vega­ne Hafer­milch ent­hält die glei­che Men­ge Kal­zi­um wie Kuh­milch.

Eiweiß

Gern wird behaup­tet, Men­schen neh­men durch vega­ne Kost zu wenig Eiweiß auf. Tat­säch­lich gibt es im Pflan­zen­reich aber sehr, sehr viel Pro­te­in­quel­len. Ein­zig die soge­nann­ten essen­ti­el­len Ami­no­säu­ren sind weni­ger vor­han­den als im Fleisch oder Milch­pro­duk­ten. Des­halb müs­sen Veganer*innen dar­auf ach­ten, unter­schied­li­che pflanz­li­che Eiweiß­quel­len mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren.

Veganer brauchen nur ein Nahrungsergänzungsmittel

Wie Allesesser*innen müs­sen Veganer*innen auf eine aus­ge­wo­ge­ne und viel­sei­ti­ge Ernäh­rung ach­ten. Nur Vit­amin B12 müs­sen sie zusätz­lich auf­neh­men, da das tat­säch­lich nur in tie­ri­schen Pro­duk­ten vor­kommt. Vit­amin D soll­ten gene­rell alle Men­schen in unse­ren Brei­ten­gra­den zufüh­ren, weil ein­fach die Son­nen­ein­strah­lung hier zu gering ist.

Gibt es nicht Mangelerscheinungen?

Eigent­lich habe ich die­se Fra­ge schon im gesam­ten Text vor­her beant­wor­tet: Man­gel tritt immer dann auf, wenn wir uns ein­sei­tig ernäh­ren. Das kann Omnivor*innen genau­so tref­fen wie Vegetarier*innen oder eben vegan leben­den Men­schen. Des­halb ist es wich­tig die Nähr­stoff-Schwach­stel­len der eige­nen Ernäh­rungs­wei­se zu ken­nen, um Man­gel vor­zu­beu­gen.

Ist vegan nun gesund?

Vegan ist trotz vie­ler Vor­ur­tei­le eine gesun­de Art sich zu ernäh­ren, solan­ge auf Viel­sei­tig­keit geach­tet wird. Zudem scheint der Vega­nis­mus das Risi­ko zu min­dern, an typi­schen Zivi­li­sa­ti­ons­krank­hei­ten zu erkran­ken. Doch der gesund­heit­li­che Aspekt ist nur eine Sei­te des Vega­nen. Zu den ande­ren Sei­ten gehö­ren sozia­le Ver­ant­wor­tung, Umwelt­aspek­te, Tier­wohl etc., aber dazu kom­me ich in ande­ren Arti­keln hier auf mei­nem Blog.

Bis nächs­te Woche.
Euer Simon