In meinem letzten Blogartikel habe ich mich zum Thema Zucker geäußert. Diesmal will ich mir Süßstoff näher ansehen, denn der gilt ja allgemein als gute, wenn nicht sogar gesunde Zuckeralternative. Was da dran ist, habe ich für euch herausgefunden.
Inhalt
- Was ist Süßstoff?
- Mythen über Süß- und Zuckeraustauschstoffe
- Mythen und Realität
- Weitere gesundheitliche Risiken von Süßstoffen
- Süßstofftricks der Lebensmittel-Industrie – ein persönliches Erlebnis
- Mein Fazit
- QUellen
Was ist Süßstoff?
Generell unterscheidet man zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen.
Süßstoffe sind chemische Verbindungen, die eine sehr hohe Süßkraft haben – oft hunderte Male süßer als Zucker – und fast keine Kalorien enthalten. Beispiele für Süßstoffe sind Aspartam, Saccharin, Sucralose und Stevia. Süßstoffe werden in sehr geringen Mengen verwendet, weshalb sie praktisch kalorienfrei sind. Ihre Süßkraft reicht von 30- bis 37.000-mal stärker als die von Haushaltszucker. Sie kommen sowohl in synthetischer als auch in natürlicher Form vor, wobei viele synthetisch hergestellt werden.[1]
Zuckeraustauschstoffe, auch Zuckeralkohole genannt, sind chemisch den Zuckern näher und enthalten ungefähr halb so viele Kalorien wie Zucker (etwa 2–2,4 kcal/g). Sie haben eine ähnliche Süßkraft wie Zucker und werden oft in Lebensmitteln verwendet, die als „zuckerfrei“ oder „zahnschonend“ beworben werden, weil sie Karies nicht fördern. Beispiele für Zuckeraustauschstoffe sind Sorbit, Xylit, Mannit und Erythrit. Im Gegensatz zu Süßstoffen dürfen Zuckeraustauschstoffe ohne Höchstmengenbegrenzung verwendet werden, allerdings können sie in größeren Mengen abführend wirken.[2]
Mythen über Süß- und Zuckeraustauschstoffe
Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe sollen mehrere Vorteile bieten, die wichtigsten 4 „Mythen“ habe ich für euch zusammengefasst:
1. Kalorienreduktion: Süßstoffe sind extrem kalorienarm oder kalorienfrei, was sie zu einer beliebten Wahl für Menschen macht, die abnehmen möchten.
2. Blutzuckerkontrolle: Süßstoffe sollen den Blutzuckerspiegel nicht beeinflussen, was sie zu einer sicheren Option für Diabetiker machen soll.
3. Zahngesundheit: Süßstoffe tragen wohl nicht zur Bildung von Karies bei, da sie von den Bakterien im Mund nicht fermentiert werden.
4. Geschmack: Zuckeraustauschstoffe bieten eine ähnliche Süße und Textur wie Zucker, was sie zu einer guten Wahl für das Backen und die Zubereitung von Süßspeisen machen soll.
Mythen und Realität
Kalorienreduktion = Gewichtsreduktion
Natürlich haben Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe weniger Kalorien als Zucker, allerdings helfen sie laut Studien nicht beim Abnehmen. Das hat wahrscheinlich zwei Gründe:
- Süßstoffe aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn nicht vollständig, was zu einem gesteigerten Appetit und einer erhöhten Kalorienaufnahme führen kann. Dies kann dazu führen, dass Menschen mehr essen, um das Verlangen nach Süße zu befriedigen.[3]
- Eine andere Erklärung ist, dass Süßstoffkonsumenten ja Zucker, sprich Kalorien gespart haben. Sie haben also ein gutes Gewissen und schlagen dann beim Essen kräftig zu.[4]
Blutzuckerkontrolle
Studien aus Israel deuten darauf hin, dass die Süßstoffe Aspartam, Saccharin, Sucralose und Stevia die Darmflora verändern. Alle vier Süßstoffe führten bei den Studienteilnehmer:innen zu erheblichen Veränderungen der Darmflora. Besonders nach der Einnahme von Saccharin und Sucralose stiegen die Blutzuckerwerte merklich an. Der genaue Mechanismus dahinter ist noch unklar, aber die veränderte Darmflora scheint eine wesentliche Rolle zu spielen. Wiederholte Stuhlproben zeigten, dass alle Süßstoffe das Mikrobiom signifikant beeinflussten. Blutuntersuchungen zeigten auch Veränderungen im Stoffwechsel.
Interessanterweise entwickelten Mäuse, die die Darmbakterien von Süßstoff-verbrauchenden Menschen erhielten, eine ähnliche Glukosetoleranzveränderung. Dies bestätigt, dass Süßstoffe das menschliche Mikrobiom und den Glukosestoffwechsel stören können.[5]
Zahngesundheit
Das ist wohl kein Mythos. Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sind gut für die Zahngesundheit, weil die Bakterien im Mund diese nicht verstoffwechseln können. Allerdings heißt die Aufschrift „zuckerfrei“ auf Lebensmittelverpackungen nicht, dass kein Zucker drin ist. „Zuckerfrei“ darf auch auf Verpackungen stehen, die Lebensmittel mit Glukose (Traubenzucker), Glukosesirup, Fruktose (Fruchtzucker), Laktose (Milchzucker) oder Maltose (Malzzucker) enthalten. Das ist alles Zucker nur eben kein Haushaltszucker und genau wie dieser verursachen sie Karies.[6]
Geschmack
Kühler Geschmack, metallischer Nachgeschmack und Ähnliches finden wir bei Zuckeraustausch- und Süßstoffen vor. Tatsächlich gibt es keinen Ersatzstoff, der genauso schmeckt wie Zucker bzw. seine Freunde Glukose, Fruktose, Laktose oder Maltose.
Weitere gesundheitliche Risiken von Süßstoffen
- Höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen[7]
- Höheres Diabetis-Risiko[8]
- DNA-Schädigung (gesteigertes Krebsrisiko)[9]
Hinweis: Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht keine Bestätigung, dass Süßungsmittel die Gesundheit beeinträchtigen. Es gibt aber auch zu, dass die Studienlage unzureichend ist.[10]
Süßstofftricks der Lebensmittel-Industrie – ein persönliches Erlebnis
Letzte Woche war ich im Supermarkt auf der Suche nach einem kleinen Snack. Mir fielen Haferriegel auf, die super zuckerarm sind. Es waren, glaube ich, bloß 2 Gramm Zucker auf 100 Gramm – ein super Wert. Ich schaute, ob Süßungsmittel oder Zuckeraustauschstoffe drin sind, davon stand nichts auf der Packung. Also wollte ich den Riegel kaufen, dann fiel aber mein Blick auf die Angabe „Mehrwertige Alkohole“ und dann es machte Klick bei mir. Xylit, Sorbit oder Maltit sind mehrwertige Alkohole, also klassische Zuckeraustauschstoffe. Und ja, der Hersteller hat einfach diese Bezeichnung verwendet, statt Süßstoff oder Zuckeraustauschstoff. Achtet also darauf. Mehrwertige Alkohole sind nichts anderes als Zuckeraustauschstoffe.
Mein Fazit
Nach intensiver Beschäftigung mit dem Thema bin ich doch mehr als erschrocken, was Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe so alles anrichten können. Natürlich ist die Datenlage nicht eindeutig. Die Süßstoffhersteller spielen dabei eine entscheidende Rolle. Mit ihren eigenen Studien beweisen sie immer wieder, wie harmlos Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sind. Das macht Metastudien natürlich wenig aussagekräftig, weil die bezahlten Studien der Süßstoffhersteller in diese mit einfließen. Übrigens ist es für die Industrie billiger, Süßstoffe in Lebensmitteln zu verwenden als Zucker, [11] obwohl Zucker ja bereits das billigste Lebensmittel ist. Ich habe jedenfalls für mich festgelegt, dass ich einen großen Bogen um Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe mache, weil das potenzielle gesundheitliche Risiko mir zu hoch ist.
QUellen
[1] Vgl. Verbraucherzentrale: „Süßungsmittel: Was sind Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe?“, Stand: 10.01.2024, https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/suessungsmittel-was-sind-suessstoffe-und-zuckeraustauschstoffe-81624, Abruf am 24.05.24
[2] Vgl. ebd. + Utopia: „Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe: Unterschiede und wissenswerte Fakten“, von Leonie Barghorn, 24. Januar 2024, https://utopia.de/ratgeber/zuckeraustauschstoffe-und-suessstoffe-unterschiede-und-wissenswerte-fakten/, Abruf am 24.05.24
[3] Vgl. ScienceDaily: „Do sweeteners increase your appetite? New evidence from randomised controlled trial says no“, University of Leeds, 28.03. 2024, https://www.sciencedaily.com/releases/2024/03/240328194638.htm, Abruf am 24.05.24
[4] Vgl. Der Standard: „Wie gefährlich sind künstliche Süßstoffe?“, 4. Juni 2023, https://www.derstandard.de/story/3000000172879/sind-kuenstliche-suessstoffe-wirklich-gesuender-als-zucker, Abruf am 24.05.24
[5] Vgl. Diabetiker Niedersachsen: „Süßstoffe verändern Darmflora und erhöhen teilweise Blutzucker“, 05.10.2022, https://www.diabetiker-nds.de/news/meldung/news/suessstoffe-veraendern-darmflora-und-erhoehen-teilweise-blutzucker, Abruf am 24.05.24
[6] Vgl. Zahn.de „Zuckerersatz – gut für die Zähne?“, Stand: 14.04.2021, https://www.zahn.de/zahn/web.nsf/id/pa_zahngesunder_zuckerersatz.html, Abruf am 24.05.24
[7] Vgl. Der Standard: „Wie gefährlich sind künstliche Süßstoffe?“, 4. Juni 2023, https://www.derstandard.de/story/3000000172879/sind-kuenstliche-suessstoffe-wirklich-gesuender-als-zucker, Abruf am 24.05.24
[8] Ebd.
[9] Vgl. Welt: „Darum sollte auf diesen Süßstoff besser verzichtet werden“, von Sabine Winkler, 23.06.2023, https://www.welt.de/kmpkt/article245735886/Gesundheit-Darum-solltest-du-auf-den-Suessstoff-verzichten.html, Abruf am 24.05.24
[10] Vgl. Bundesinstitut für Risikobewertung: „Süßungsmittel: Mehrheit der Studien bestätigt keine Gesundheitsbeeinträchtigung – allerdings ist die Studienlage unzureichend“, 07.02.23, https://www.bfr.bund.de/cm/343/suessungsmittel-mehrheit-der-studien-bestaetigt-keine-gesundheitsbeeintraechtigung-allerdings-ist-die-studienlage-unzureichend.pdf, Abruf am 24.05.24
[11] Vgl. Der Standard: „Wie gefährlich sind künstliche Süßstoffe?“, 4. Juni 2023, https://www.derstandard.de/story/3000000172879/sind-kuenstliche-suessstoffe-wirklich-gesuender-als-zucker, Abruf am 24.05.24